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Lernförderliche Rückmeldung wirkt positiv auf den Lernerfolg.


Obwohl die positive Wirkung von formativer Beurteilung auf den schulischen Erfolg die meist untersuchte und für wirksam bestätigte Praxis ist, wird leider der regelmäßige Einsatz von Informationsfeststellungen in der Praxis verhältnismäßig selten genutzt (Neuweg 2009, S. 19). Scriven hat diese formative Wirkung erstmals 1967 festgestellt. Black und Wiliam (1998) entdeckten in ihrer Forschung 30 Jahre später, dass formative Leistungsbeurteilung eine signifikante Wirkung auf den Lernertrag hat – mehr als andere Interventionen und wesentlich wirkungsvoller als summative Leistungsbeurteilung, die sogar eine negative Wirkung auf das Lernergebnis haben kann. 
Inzwischen wurden diese Erkenntnisse von Hatties Mega-Studie (2009) bestätigt und konkretere Hinweise über die dahinterliegende Praxis identifiziert: Zentrales Merkmal wirksamer Lehrpersonen ist die stetige Untersuchung oder (Selbst-)Evaluation, indem sie regelmäßig und systematisch den Lernstand der Schüler*innen im Bezug zu dem Zielbild und den Erfolgskriterien feststellen. Ziel für Lehrpersonen und Schüler*innen muss es sein, eine lernförderliche, möglichst spezifische und dialogorientierte individuelle Rückmeldung zu geben: Lehrperson – Schüler*in und Schüler*in – Schüler*in. Auf Basis dieser Informationen oder „Evidenzen“ ist die Lehrperson in der Lage, die Lücke zwischen Lehren und Lernen, zwischen Lernstand und Ziel zu erschließen, um dann nächste Schritte zu bestimmen und diese Lücke zu schließen. Dadurch wird Feedback zu einer der bedeutsamsten Komponenten für erfolgreiches Lehren und Lernen (Hattie & Zierer, 2019; Lipowsky, 2015).
Dies ist auch Voraussetzung dafür, Differenzierung strategisch, zielgerecht und effizient anzugehen. Eine solche systematische Vorgehensweise schont zusätzlich die Lehrperson, die sonst dem Anspruch ausgeliefert ist, nach dem Gießkannenprinzip möglichst viel zu machen, ohne zu wissen, was im Hier und Jetzt wirklich gebraucht wird und wie sie ihre (begrenzte) Energie und Zeit am besten einsetzt.
Leistungsbeurteilung besteht aus einem Mix von drei Modalitäten: Beurteilung von Lernen (summativ), Beurteilung für Lernen (formativ) und Beurteilung als Lernen (partizipativ) [Earl, 2012]. Summative Leistungsbeurteilung ist die Feststellung von Leistungsqualität und wird in der Leistungsbeurteilungsverordnung gesetzlich geregelt. Formative Beurteilung hingegen dient der Informationsfeststellung, der rechtliche Begriff dafür in der LBVO, die zur Transparenz und Gerechtigkeit in der Praxis beiträgt, weil sie Auskunft über den Lernstand eines Schülers/einer Schülerin im Hinblick auf die zu erreichenden Ziele gibt und somit Lehr – und Lernprozesse so gestaltet werden können, dass diese Ziele auch erreicht werden können. Leistungsbeurteilung als Lernen meint die Mitbestimmung und Beteiligung der Lernenden bei der Festlegung von Kriterien und Beurteilungsmethoden. Aus diesem Grund nennen wir diese Art von Leistungsbeurteilung „konstitutiv“ oder „partizipativ“. Ähnlich wie Neuweg im österreichischen Kontext, behauptet Earl, dass trotz der oben genannten Erkenntnisse aus der Forschung summative Leistungsbeurteilung die Praxis dominiert. Folgende Abbildung stellt die tradierte Praxis als Pyramide dar:
 

Abbildung: Die Pyramide der Leistungsbeurteilung (Earl, 2012)

Eine wirksame Rückmeldung führt also zu besseren Lernergebnissen, aber nicht jede Form der Rückmeldung wirkt gleich gut. Vier verschiedene Formen können unterschieden werden: Lob, Rat, Feedback und Response.
o    Lob und Rat sind häufig gut gemeint, aber kaum wirksam und gelegentlich sogar kontraproduktiv. Lob („Gut gemacht!“) kann beschämend wirken, wenn die gelobte Person denkt, dass sie es eigentlich nicht verdient hat. Rat („Du sollst mehr üben!“) ist ähnlich problematisch, da er meist sehr unspezifisch ist und entnervend wirken kann. Wer bereits viel übt, kann mit diesem Rat nichts anfangen. Lob und Rat sind darüber hinaus personenbezogen und mit Zuschreibungen und (Vor)Urteilen verknüpft.
o    Feedback und Response sind dagegen leistungsbezogen. Feedback zeigt auf, welche konkreten Schritte unternommen werden können, um die Leistung zu verbessern und welche Lernwege effektiver sind („Wenn du diese Teilbewegung übst, wirst du weiter springen können.“ „Du hast ziemlich schnell gesprochen, darum war es schwer zu verstehen. Probiere diesen Absatz langsamer zu sprechen, übertreib dabei!“). Response ist die subjektive Reaktion auf eine Leistung und hilft dabei, die eigene Wirkung auf andere zu sehen. Die Botschaft wird dabei meist in der Ich-Form formuliert „Ich bin begeistert, das war schön anzuschauen!“ „Ich habe mich ziemlich anstrengen müssen, um zu folgen. Das Tempo hat mich gestresst!“). 
 

Lernförderliche Rückmeldung ist zielorientiert und schließt somit die Lücke zwischen Lehren und Lernen.

Der Fokus für Schüler*innen- und Lehrer*innenfeedback liegt nach Hattie (2009) explizit auf dem Lernen der Schüler*innen. Rückmeldung enthält immer lernrelevante Informationen, bezieht sich auf den Weg bzw. die Lücke, die zu überwinden ist, um ein klar definiertes Lernziel zu erreichen.
Schon 1996 stellten Kluger and DeNisi in ihrer Forschung fest, dass ein Drittel des gegebenen Feedbacks negativen Einfluss hat. So muss aus den Rückmeldungen für den Lernenden klar ersichtlich werden, wo er/sie im Abgleich mit dem Zielbild im Augenblick steht und welche Schritte als nächstes zu gehen sind. Dabei ist die Erhebung vom Vorwissen der Schüler*innen und ihr Ist-Stand in Bezug auf das Zielbild immer der Ausgangspunkt für wirksames Feedback innerhalb eines Lernprozesses.Das Ziel jeglichen Feedbacks muss sein, die Lücke zwischen dem Ist-Stand und dem Zielbild zu schließen. Die Zielbilder sollen dabei durchaus anspruchsvoll sein, die Schritte dorthin aber in leistbare Etappen unterteilt werden, so dass keine Überforderung entsteht (Brown & Hattie, 2012). Eine Aufgabe muss für die Schüler*innen eine Herausforderung darstellen, die sie schaffen können, wenn sie sich anstrengen. Zu leichte und zu schwere Aufgaben schaffen keine Motivation.

Wirksame Rückmeldung ist zielorientiert (Was ist das Ziel?), handlungsorientiert (Was kann ich tun, um das Ziel zu erreichen?), prozessbezogen (Welche Strategien sind hilfreich? Welcher Fortschritt wird sichtbar?) und ergebnisbezogen (Wo stehe ich? Was ist noch zu tun?) [Hattie, 2011]. D.h. eine förderliche Rückmeldekultur braucht klare Ziele, damit der Lernweg festgelegt werden kann und Kriterien (Maßstäbe), damit die Leistung entsprechend eingeschätzt werden kann und weitere effektive Schritte festgelegt werden können.